Projektreise Nov. 24 – Tag 4 “Hope (Hoffnung)”
Jill Willems
Projektreise 2024
31. Oktober 2018
Heute fühlt es sich schon wieder viel mehr nach Afrika an: Die ganze Nacht und den Morgen hindurch hat es wie aus Eimern geschüttet und bis zum späten Morgen gibt es keinen Strom. Obwohl ein Frühstück ohne laut plärrenden Fernseher zwar eine willkommene Abwechslung darstellt, bedeuten die starken Regenfälle und entsprechend verschlammten Straßen leider auch, dass wir erst nach Mittag ins Feld aufbrechen können. Den Morgen vergammeln wir also notgedrungen in der Hotel-Lounge – zuerst mit Lesen, sobald der Strom wieder da ist mit indischen Seifenopern im Fernsehen (nervigerweise in Englisch und dem hiesigen Dialekt Runyoro gleichzeitig synchronisiert).
Gegen Mittag wird der Regen dann weniger und schließlich kommt sogar die Sonne raus, so dass wir nach dem Mittagessen im Emesco-Büro endlich nach Mbirizi aufbrechen können. Wie abgemacht wollen Suleyti und Johnsus heute die Hygieneschulung für die Dorfbewohner in Mbirizi abhalten, und so ist der Pickup neben fünf Personen gut mit Schulungsmaterialien, Postern, Schreibblöcken und Getränkekisten gefüllt.
Bei Ankunft im Dorf muss erst einmal der Schulungsraum, ein strohgedeckter Bretterverschlag, von zum Trocknen gelagerten Bohnen befreit und mit Stühlen gefüllt werden. Während dieser Vorbereitungen treffen immer mehr Menschen ein, so dass sich schließlich mehr als 60 Erwachsene und unzählige Kinder in und um den kleinen Raum zusammendrängen.
Suleyti begrüßt sie alle, stellt sich selbst, Uli und mich noch einmal vor und listet die Themen, die er in der heutigen Schulung abdecken möchte: Die Bedeutung von WASH (Water, Sanitation and Hygiene), Hygiene und Gesundheitspflege, den verantwortungsbewussten Umgang mit sauberem und sicherem Wasser entlang der gesamten Safe Water Chain, hygienebedingte Krankheiten, die Rollen und Aufgaben innerhalb des Wasserkomitees, sowie einen konkreten Aktionsplan.
Die nächsten zwei Stunden geht er diese Themen mit den Dorfbewohnern nach und nach durch. Mir fällt dabei die Aufgabe zu, die jeweiligen Flipcharts an die Scheunentür zu kleben. Uli schaut aus der letzten Reihe zu. Suleyti führt die Menschen an grundsätzliche Fragen der Hygieneerziehung heran, erklärt beispielsweise, wie wichtig es ist, nur saubere Kanister zum Transport des sauberen Wassers zu verwenden und sich regemäßig und mehrfach am Tag die Hände zu waschen.
Die ganze Zeit über ist die Stimmung gelöst. Suleyti bezieht die Menschen aktiv mit ein, stellt viele Fragen und leitet ihre Antworten geschickt in die richtige Richtung. Es wird auch viel gelacht. Man kann sehen, dass viele der Dorfbewohner ehrlich interessiert sind und fleißig mitschreiben und besonders die gezielten Fragen einiger junger Männer zu praktischen Themen lassen uns hoffen, dass sich hier in Kürze wirklich etwas verändern wird.
Als Suleyti das Thema Latrinen anspricht erklärt der Chairman des Local Council, dass lediglich 80 der 200 Haushalte im Dorf über Latrinen verfügen. Der Rest der Menschen verrichtet ihre Notdurft unter freiem Himmel – ein extremes Hygienerisiko. Wir fragen nach den Gründen und er erklärt, dass neben technischem Unwissen (also wie genau die Grube ausgehoben werden muss, ohne dass sie kollabiert) vor allem auch kein Bewusstsein dafür besteht, wie viele Krankheiten durch solche Praktiken verbreitet werden können. Suleyti klärt die Dorfbewohner daher auf und wir nehmen den Punkt, dass jede Familie in Kürze eine eigene Grube ausheben wird, direkt mit in den Aktionsplan auf. Der Chairman sichert darüber hinaus Unterstützung für Familien ohne Männer (also Witwen und alleinstehende Mütter) zu.
Zum Schluss gibt es dann noch eine praktische Lektion: Suleyti zeigt den Menschen, wie einfach und mit wenigen Mitteln sie ein Tippy Tap (Handwaschstation, siehe gestriger Beitrag) bauen können. Die Dorfbewohner schauen fasziniert zu und applaudieren, als Suleyti sich nach wenigen Handgriffen unter fließendem Wasser die Hände waschen kann. Das fertige Tippy tap wird direkt neben den Latrinen im Dorf aufgestellt.
Nach einem lehrreichen Nachmittag hat Uli dann noch eine Überraschung parat: Eine riesige Tasche voller brandneuer T-Shirts und Jacken sowie Buntstifte und Malblöcke für die Kinder! Die Freude ist riesig! Die Erwachsenen probieren stolz ihre neue Kleidung an und posieren voreinander während unter den Kindern ein wahrer Handel an verschiedenfarbigen Buntstiften ausbricht. Alle bedanken sich wortreich und mit strahlenden Augen.
Wir verlassen Mbirizi mit einem rundum positiven Gefühl. Die Menschen scheinen die Grundanliegen des Lehrgangs verinnerlicht zu haben und mit dem Bau des neuen Brunnens bekommen sie nun die Chance, langfristige Veränderungen im Ort voran zu treiben.
Wir kommen erst spät nach Einbruch der Dunkelheit zurück nach Karuguuza (und es hat auch wieder angefangen zu regnen) und sind nun trotz des faulen Vormittags ordentlich geschafft. Morgen geht es dann noch einen letzten Tag ins Field bevor wir Freitag schon wieder die Heimreise nach Europa antreten müssen. Doch die glücklichen Gesichter der Menschen in Mbirizi werden uns sicher noch eine ganze Weile in Erinnerung bleiben.
In diesem Sinne bis morgen und eine gute Nacht,
Christine & Uli